Die Wahnsinns-Saison

Die Wahnsinns-Saison

I. Herren 09.06.2020

Rückblick auf die Spielzeit 2009/2010

Gestern, am 8. Juni 2020 war es genau zehn Jahre her, als der TuSpo Lamspringe nach einer irren Saison den Klassenerhalt in der Bezirksliga Hannover feiern konnte. Nach einem überragenden Saisonbeginn mit zwei fulminanten Derbysiegen und einer anschließenden bitteren Talfahrt musste die Mannschaft von Spielertrainer Christian Falk in die Relegation. Die beiden Spiele gegen Germania Hagen und Lenne nehmen in der TuSpo-Historie einen besonderen Platz ein und liefern eindrucksvoll den Beweis, dass ein Spiel auch dann nicht verloren ist, wenn man scheinbar aussichtslos zurückliegt.

Nach der Rekordsaison 2008/2009, die mit der Kreismeisterschaft gekrönt wurde (75 Punkte, 104:40 Tore), startete die Falk-Elf mit einem Heimspiel im Bezirkspokal in die neue Saison. Am 1. August 2009 gastierte der FC Ambergau/Volkersheim im Waldstadion. Vor weit über 200 Zuschauern spielten die Lamspringer wie entfesselt und zogen mit einem 7:1-Kantersieg in die zweite Pokalrunde ein. Dort verlor man nur zweieinhalb Wochen später beim SV Blau-Weiß Neuhof mit 1:2.

Der Start in die Bezirksliga 2009/2010 sollte dem Start in den Pokal um nichts nachstehen. Am 8. August gastierte niemand geringeres als Landesliga-Absteiger Almstedt im Lamspringer Wald. Standesgemäß – so konnte man meinen – ging der MTV in Führung. Andreas Falk konnte aber noch vor der Pause mit einem traumhaften Freistoß ausgleichen. Nach der Pause spielten die Blau-Weißen ihre Gäste regelrecht an die Wand. Christian Falk, Tobias Brunk und dreimal Marcel David schossen vor 350 Zuschauern einen grandiosen 6:1-Heimsieg heraus. Eine Woche später gelang ein 3:1-Auswärtserfolg in Nordstemmen und im dritten Saisonspiel wurde die Reserve vom VfV 06 Hildesheim mit 6:1 nach Hause geschickt. Auch im vierten Saisonspiel ging der TuSpo als Sieger vom Platz – 2:1 auswärts beim SV Eintracht Hiddestorf – und fand sich als Aufsteiger plötzlich auf Platz eins der Bezirksliga wieder. Die Presse schrieb schon vom „Wunder von Lamspringe“.

Doch die Euphorie wurde am fünften Spieltag hart gebremst. Gegen den SC Drispenstedt setzte es im heimischen Waldstadion eine 2:5-Pleite. Mit demselben Ergebnis gewann man in der Folgewoche zwar beim FC Ambergau, doch das siebte Saisonspiel sollte es besonders in sich haben.

Im Heimspiel gegen den TSV Deinsen ist dem Austausch-Schiedsrichter aus dem Bezirk Braunschweig die Lamspringer Höhenluft scheinbar schlecht bekommen. Mit einer äußerst einseitigen und mitunter inakzeptablen Leistung brachte der „Unparteiische“ binnen weniger Minuten die komplette Lamspringer Mannschaft samt zahlreichen Anhang gegen sich auf. Die drei völlig überzogenen Platzverweise gegen Ercan Alkan (1. Minute), Alexander Krause (52.) und Nils Rostalski (78.) untermauern die schwache Leistung mit Nachdruck. Die Lamspringer Mannschaft holte trotz aller dieser Umstände ein 2:2 und war dem Sieg sogar näher als die Gäste – nicht zuletzt dank enormer taktischer Disziplin und einer läuferischen Energieleistung.

Anschließend folgte noch ein 4:0-Erfolg beim Duinger SC, ehe die Talfahrt begann. Gegen Koldingen, Schliekum, Eldagsen, Harsum, Pattensen, Neuhof, Almstedt und VfV II folgten acht Spiele ohne Sieg. Die Wende gab es ausgerechnet gegen die Mannschaft, die zuvor unsere Serie beendete – am 3. April gelang ein 1:0-Sieg beim SC Drispenstedt. In der Folge wechselten starke immer wieder mit schwachen Leistungen. Das rettende Ufer verlor die Falk-Elf aber nie aus den Augen.

Die bittere 2:3-Heimniederlage gegen den bereits abgestiegenen VfL Nordstemmen am vorletzten Spieltag ließ die Hoffnungen auf den direkten Klassenerhalt dramatisch schwinden. Am letzten Spieltag setzte es auf eigenem Platz gegen Alfeld eine 1:6-Klatsche, was die Teilnahme an der Relegation bedeutete. „Wir mussten sogar unsere Abschlussfahrt nach Malle stornieren“, erinnert sich Alexander Krause, einer der Schlüsselspieler unter Christian Falk.

In der Relegationsgruppe C traf unsere Mannschaft auf den TuS Germania Hagen (Vizemeister Kreis Hameln/Pyrmont) und den TSV Lenne (Vizemeister Kreis Holzminden). Im ersten Aufeinandertreffen der beiden Kreisligisten stand es nach 90 Minuten 0:0 – das Wunschergebnis aus Sicht von Trainer Christian Falk. Das bedeutete aber auch: Verlieren verboten, denn der Gegner hätte bei einem Sieg vier Punkte und wäre damit uneinholbar.


TuSpo Lamspringe – TuS Germania Hagen 4:3 (1:3)

Am 5. Juni 2010 kam es für unsere Mannschaft zum ersten Relegationsspiel. Bei bestem Wetter und vor vollem Haus empfingen wir Germania Hagen. Lamspringer Spieler und Zuschauer rieben sich bereits vor Anpfiff das erste Mal die Augen: Rund 150 Fans des TuS Germania Hagen strömten mit Trommeln und Trompeten ins Waldstadion und nahmen den Tribünenbereich vor dem Kassenhäuschen fest in ihre Hand. Auf den Tribünenbereichen vor dem Clubhaus sowie rings um das Spielfeld herum fanden sich mehrere Hundert TuSpo-Fans ein. Fußballherz, was willst du mehr? „Das war schon eine tolle Atmosphäre. Dieses Spiel war ein absolutes Highlight“, sagt der damalige TuSpo-Keeper Patrick Böning mit Blick auf eines der verrücktesten Fußballspiele, die unser Waldstadion je erlebt hat. Es war alles angerichtet für ein wahres Fußballspektakel und das Spiel sollte einen Verlauf nehmen, wie er dramatischer nicht hätte sein können. Die Alfelder Zeitung titelte in ihrer Montagsausgabe „Die 48 verrückten Minuten von Lamspringe“.

Nach exakt 30 Minuten waren die Lamspringer Zuschauerbereiche bereits komplett verstummt und unseren Spielern war die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Was war passiert? Die Gäste überraschten mit wahnsinniger Laufarbeit, guter Ordnung und effizientem Konterspiel. Zweimal Strobel und einmal Schmoll schossen in der ersten halben Stunde eine 3:0-Führung für die Germanen heraus. Zu diesem Zeitpunkt waren es im Waldstadion nicht wenige, die sich mit dem Abstieg in die Kreisliga abgefunden hatten. Der Anschlusstreffer von Spielertrainer Christian Falk kurz vor der Pause löste einen leichten Hoffnungsschimmer aus, bei Weitem aber keine Euphorie.

Nach einer Kabinenansprache, die es absolut in sich hatte, kam unsere Elf wie verwandelt aus der Kabine. Die Gäste aus Hagen mussten dem hohen Engagement der ersten Halbzeit mehr und mehr Tribut zollen und das Heft des Handelns fiel komplett in Lamspringer Hand. Wiederum Christian Falk konnte nach exakt einer Stunde auf 2:3 verkürzen (Vorlage: Mohamed Kawar). Und spätestens als Simon Hauenschild nach Vorarbeit von Maik Falk nur wenig später zum Ausgleich traf, war die Kulisse wieder da. In der Schlussphase erzielte Christian Falk per Kopf das viel umjubelte 4:3. Die ganze Ersatzbank und auch der ein oder andere Zuschauer war auf dem Platz. Zwischen Tor und Wiederanpfiff lagen gefühlte fünf Minuten. Nach hitzigen Schlussminuten war die Erleichterung im Waldstadion mit den Händen zu greifen. Der Abstieg, der nur 60 Minuten vorher noch so gut wie sicher war, wurde durch einen enormen Kraftakt vorerst abgewendet.

Aufstellung TuSpo Lamspringe:
Patrick Böning – Patrick Ketteler, Sascha Löke, Ercan Alkan, Hannes Geissler (15. Simon Hauenschild). Alexander Krause, Steffen Tutans (60. Maik Falk), Tobias Brunk, Mohamed Kawar, Marcel David, Christian Falk (89. Markus Schulze-Klingemann)

Tore:
0:1 Strobel (6.), 0:2 Strobel (14.), 0:3 Schmoll (30.), 1:3 C. Falk (42.), 2:3 C. Falk (60.), 3:3 Hauenschild (69.), 4:3 C. Falk (83.)


TSV Lenne – TuSpo Lamspringe 2:2 (1:0)

Am 8. Juni 2010 stand das alles entscheidende Spiel auf dem Plan. Vor weit mehr als 700 Zuschauern, darunter gut 150 TuSpo-Anhängern, galt erneut: Verlieren verboten. Und wieder geriet die Falk-Elf früh in Rückstand. Lennes Torjäger Edward Uhrich nutzte die erste Chance im Spiel zur Führung und versetzte die Sandkuhle ein erstes Mal in Ekstase. Spielbestimmend war aber der TuSpo. Patrick Ketteler (10.), Tobias Brunk (24.) und Marcel David (37.) vergaben Top-Chancen auf den Ausgleich. Und wenn du sie vorne nicht machst, klingelt‘s hinten. Eike-Christian Klages traf nach einer Ecke zum 2:0 für Lenne (50.) und auf dem Hang vor dem Clubhaus begannen die ersten Feierlichkeiten.

Wieder schien der TuSpo K.O. Aber wie schon gegen Germania Hagen gelang auch in diesem Spiel die Aufholjagd. Christian Falk erzielte nach Vorarbeit von Marcel David den Anschlusstreffer, ehe Patrick Ketteler mit einem irren Distanzschuss das wichtigste Tor seiner Karriere erzielte und den TuSpo in der Bezirksliga hielt. Nach Vorarbeit von Andreas Falk flog der Ball aus gut 25 Metern unhaltbar in den rechten oberen Winkel, ein Hammer, ein Traumtor, ein Schuss ins blau-weiße Glück.

Auch die letzten Minuten überstand Lamspringe sicher. Mit dem Abpfiff lagen sich Spieler und Zuschauer in den Armen und feierten bis in den Mittwochmorgen hinein. „Die Gastgeber waren wirklich sehr gute Verlierer, es war ein herrlicher Abend und wir haben mit den Spielern von Lenne in der Kabine zusammengesessen“, sagt Alex Krause zehn Jahre danach. Und TuSpo-Keeper Petzi Böning erinnert sich: „Ich weiß noch genau, dass ich nach dem Spiel kurzfristig meinen Dienst am nächsten Tag tauschen konnte und wir dann auf dem Rückweg noch in Bad Gandersheim in der Ecke eingekehrt sind.“

Aufstellung TuSpo Lamspringe:
Patrick Böning – Marius Meier, Ercan Alkan, Patrick Ketteler, Sascha Löke, Alexander Krause, Tobias Brunk, Mohamed Kawar, Christian Falk (88. Maik Falk), Marcel David (75. Andreas Falk), Steffen Tutans (89. Hannes Geissler)

Tore:
1:0 Uhrich (7.), 2:0 Klages (50.), 2:1 C. Falk (57.), 2:2 Ketteler (84.)


Die Saison 2009/2010 gehört nicht zu den erfolgreichsten der Vereinsgeschichte und trotzdem ist sie eine ganz besondere. Sie hat unserem Verein auf unvergessliche Art und Weise die ganze Dramatik des Fußballs vor Augen geführt. Aufstiegsträume, Abstiegsangst, grandiose Siege, schmerzhafte Niederlagen, Comeback-Qualitäten und Verzweiflung – es war alles dabei. Geprägt von einer tollen Mannschaft, die auf und neben dem Platz eine verschworene Einheit war und besonders in schlechten Zeiten zusammengerückt ist. Die Geschichte dieser Mannschaft ist aus heutiger Sicht schnell erzählt: Immer dann, wenn die Mannschaft am Boden lag und mit dem nächsten Schuss der totale K.O. gekommen wäre, ist sie wieder aufgestanden und zurückgekommen.

„Es war mit das Extremste, was ich im Fußball je erlebt habe“, sagt Christian Falk mit Blick auf die Spielzeit 2009/2010. Falk ist heute Trainer beim SC Drispenstedt und steht mit seinem Verein unmittelbar vor dem Aufstieg in die Bezirksliga. 

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